Erdfunkstelle Raisting

Foto: Jiří 7256

– Fotoreport von Jobs Weingart und Jiří 7256 –

Die Erdfunkstelle Raisting in der Nähe des Ammersees im Landkreis Weilheim-Schongau war die erste Bodenstation zur interkontinentalen Satellitenkommunikation in Deutschland und wurde im Jahr 1964 von der Deutschen Bundespost in Betrieb genommen. Die erste Einrichtung war das so genannte Radom, eine weiße Kugel aus Kunststoff, in deren Innerem sich eine Parabolantenne mit einem Durchmesser von 25 Meter befindet. Seinerzeit waren die Parabolantennen noch nicht robust genug, um sie der Witterung auszusetzen. Daher wurde die Schutzhülle angebracht. Heute ist das Radom in Raisting eines der letzten seiner Art und gilt als Industriedenkmal. Eine ähnliche Anlage in den USA wurde demontiert. Ein weiteres Radom ist im französischen Pleumeur Bodou vorhanden.

Das Radom, Foto: Jiří 7256

Die Anlage wurde zur Übertragung von Telefonverbindungen und Fernsehsendungen genutzt und schon bald nach der Eröffnung erweitert. Die weiteren Antennen waren zunächst ebenfalls als Radome geplant, doch kamen sie beim Bau bereits ohne eine Schutzhülle aus: 1969 wurde eine zweite, 1971 eine dritte Antenne in Betrieb genommen. Letztere diente insbesondere der Fernsehübertragung während der Olympischen Spiele in München 1972.

Foto: Jiří 7256

Heute besteht die Erdfunkstelle neben dem Radom aus 18 Parabolantennen, darunter vier große mit bis zu 32 Meter Durchmesser. Diese dienen zur Verfolgung der Satelliten auf ihrer Erdumlaufbahn, die kleineren dienen dem Datentransfer. Das Radom selbst ist bereits seit einigen Jahren außer Betrieb. Nachdem der Abriss geplant war, wurde es im Jahr 1999 unter Denkmalschutz gestellt. 2004 wurde ein Förderverein gegründet, der sich für den Erhalt des technischen Denkmals einsetzt. Es ist geplant, im Radom ein Museum einzurichten. Die Exponate können auf der Website des Vereins bereits bestaunt werden. Derzeit laufen Sanierungsarbeiten an der Außenhülle des Radoms, die bis Ende 2011 abgeschlossen sein sollen.

Überblick über das Gelände, Foto: Jiří 7256

Die Telekom als Nachfolgerin der Deutschen Bundespost verkaufte die Anlage – ohne Radom – im Jahr 2005 an das US-Unternehmen EMC, das die Erdfunkstelle seiter weiter betreibt. Die Anlage wird heute in erster Linie für die Kommunikation mit Hilfsorganisationen in Krisengebieten benutzt. Seither ziert die Aufschrift EMC die Parabolspiegel. Unweit des Radoms befinden sich die zur Anlage gehörigen Gebäude. Ein kleinerer Teil der Anlage wird von der britischen Firma Talia Teleport für satellitengestützte Internetdienste verwendet. Die Gebäude von Talia befinden sich nah am Ortsrand von Raisting.

Foto: Jiří 7256

Die Parabolantennen von Talia Teleport, Foto: Jobs Weingart

Überregional bekannt ist die Erdfunkstelle nicht zuletzt durch die 50-Pf-Marke aus der Serie Industrie und Technik der Deutschen Bundespost, die 1975 herausgegeben wurde und bis Ende der 1980er Jahre in Gebrauch war. Das Motiv zeigt eine der fünf großen Parabolantennen, die zur Verfolgung der Satelliten dienen.

Im Gegensatz zur Erfunkstelle Usingen im Taunus ist das Gelände in Raisting problemlos zugänglich. Die Antennen sind verstreut über landwirtschaftlich genutzte Flächen, die mit Wirtschaftswegen gut erschlossen sind.

Foto: Jiří 7256

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Foto: Jobs Weingart

Foto: Jobs Weingart

Foto: Jobs Weingart

Foto: Jobs Weingart

Foto: Jiří 7256

Foto: Jiří 7256

Foto: Jiří 7256

Foto: Jobs Weingart

Foto: Jobs Weingart

Die Sanierungsarbeiten am Radom sind in vollem Gang, Foto: Jiří 7256

Steht die Anlage an sich schon in Kontrast zu der ackerbaulich und weidewirtschaftlich geprägten Kulturlandschaft, bietet die Szenerie bei der ehemaligen Wallfahrtskirche St. Johannes einen besonders reizvollen Anblick. Die Kapelle befindet sich etwas südlich der Erdfunkstelle, ein Vorgängerbau wurde 1428 erstmals erwähnt. Der Legende nach wurde sie von Agilolfingerherzog Tassilo III (748-788) gegründet. Dieser soll sich in der Region bei der Jagd verirrt haben, wobei er offenbar gelobte, an derm Ort, wo er sich wieder zurechtfinden würde, eine Kapelle zu bauen. Am heutigen Standort soll er den Ammersee erblickt und daraufhin den Bau veranlasst haben. Zumindest heute ist der Ammersee von hier jedoch nicht sichtbar. Im 18. Jahrhundert entwickelte sich die Kapelle zur Wallfahrtskirche, 1811 stürzte der Turm ein und wurde bald darauf wiederhergestellt. Ende der 1980er Jahre fanden umfangreiche Renovierungsarbeiten statt.

Foto: Jobs Weingart

Foto: Jiří 7256

Die Fotos entstanden am 26. und 27. April 2011.

Literatur:

Feilke, Marianne: Erdfunkstelle Raisting. 2011.

Pechloff, Ursula: Raisting. St. Remigius. Peda Kunstführer Nr. 360/1996. Hrsg. vom Kath. Pfarramt Raisting. Passau 1996.

Radom Raisting GmbH: Das Radom in Raisting – die Antenne 1 der ehemaligen Erdfunkstelle. 2011.

SpaceTouch: Das Radom – ein Industriedenkmal in Raisting. 2011.

Foto: Jiří 7256

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