Zum Fahrplanwechsel am 8. Dezember ging eine Ära zu Ende, die Triebwagen der Reihe NE 81 verschwanden aus dem Plandienst der Strohgäubahn. Seit dem Winter 1981/82 prägten die Fahrzeuge das Bild der Nebenstrecke von Korntal nach Weissach. Ufoport Glufenteich widmet ihnen zum Abschied eine mehrteilige Fotoserie mit Aufnahmen aus den letzten Betriebswochen.
Doch zunächst ein kurzer Rückblick: Die 1906 von den Württembergischen Nebenbahnen AG (WN) eröffnete Linie stand Ende der 1970er-Jahre wegen sinkender Fahrgastzahlen kurz vor der Einstellung des Betriebs, doch die Verantwortlichen entschieden sich damals für eine Modernisierung, im Zuge derer die Neubautriebwagen VT 410 und VT 411 mit dem Steuerwagen VS 220 bei der Waggon Union in Berlin bestellt wurden.
Bei diesen Fahrzeugen handelt es sich um damals von der Waggon Union in Zusammenarbeit der DUEWAG sowie der WN, der Südwestdeutschen Eisenbahn-Gesellschaft (SWEG) und der Kahlgrundbahn speziell für nichtbundeseigene Eisenbahnen (NE) entwickelte Nahverkehrstriebwagen. Da diese Betreiber mit den Triebwagen zusätzlich den Güterverkehr abwickeln wollten, waren diese verhältnismäßig stark motorisiert. Die Gesellschaften konnten somit den Betrieb eigener Diesellokomotiven einsparen. Viele Komponenten der Fahrzeuge entstammten der Straßenbahn- und Busproduktion. So konnten die Preise trotz der relativ geringen Stückzahl in überschaubarem Rahmen gehalten werden.
Die erste Serie, welche 1981/82 ausgeliefert wurde, umfasste die beiden Triebwagen und den Steuerwagen für die WN, sechs Triebwagen für die SWEG und je einen für die Kahlgrundbahn und die Regentalbahn. Die WN-Fahrzeuge wurden im Farbschema weiß-orange-blau abgeliefert, welches damals bei der WN und der kooperierenden Württembergischen Eisenbahn-Gesellschaft (WEG) aktuell war. Die beiden Gesellschaften fusionierten schließlich 1984 zur WEG. An der zweiten NE-81-Serie von 1985 waren sie nicht beteiligt. Die NE 81 liefen in den 1980er Jahren auf der Strohgäubahn noch im Mischbetrieb mit älteren Fahrzeugen aus Fuchs-, MAN- und Esslinger Produktion.
1993 beteiligte sich die WEG erneut an der Bestellung neuer NE 81. Wiederum wurden zwei Trieb- und ein Steuerwagen in Auftrag gegeben. Während jedoch die erste und zweite Serie nahezu baugleich waren, unterschieden sich die 1993 gebauten Fahrzeuge deutlich von den vorherigen. So war nun die Frontscheibe kleiner als bisher und die Zugzielanzeige war in einem gesonderten Fenster über dieser angebracht. Zudem erhielten die neuen Triebwagen runde Scheinwerfer, während die früheren mit eckigen ausgeliefert worden waren. Die für die WEG gebauten VT 412 und VT 413 sowie VS 250 erhielten zudem ein neues Farbschema in weiß-blau, welches stark an die damalige Lackierung der InterRegio-Wagen der DB erinnerte.
Fortan waren die verbliebenen MAN-Schienenbusse nur noch selten im Einsatz, endgültig vorbei war es dann mit der Anschaffung der drei RegioShuttles VT 414-416 im Jahr 1996. Schon fünf Jahre später wurde VT 415 im Rahmen eines Fahrzeugtauschs an die ebenfalls von der WEG betriebene Schönbuchbahn abgegeben, das Bahnbetriebswerk Weissach erhielt dafür mit VT 420 von der Wieslauftalbahn einen weiteren NE 81. Bei diesem handelt es sich um einen Vertreter der vierten und letzten Bauserie, er wurde 1994 gebaut. Das Fahrzeug erhielt damals in Weissach einen extravaganten Anstrich in blau-gelb, mit dem es bis zuletzt im Einsatz war.
2003 wurde dagegen der VT 411 an die Nord-Ostsee-Bahn in Husum abgegeben, welche ihn im Grenzverkehr von Niebüll ins dänische Tønder einsetzte. Um das Jahr 2004 kamen von der Albtal-Verkehrs-Gesellschaft zwei gebrauchte Fahrzeuge hinzu: der Steuerwagen VS 201 und der Beiwagen VB 241. Beide waren ursprünglich für die SWEG gebaut worden und entstammten der zweiten Serie von 1985.
Bis 2012 veränderte sich dann nichts mehr am Fahrzeugbestand, doch sollten die NE 81 schließlich auf die letzten Monate zum alleinigen Fahrzeugtyp auf der Strohgäubahn werden. Wegen akuten Fahrzeugmangels bei der Schönbuchbahn wurde zunächst einer der beiden verbliebenen RegioShuttles dorthin abgegeben. Als dann im Frühjahr der VT 411 aus dem Norden zurückkehrte, konnte auch der zweite RegioShuttle abgegeben werden. Der Einsatzbestand in den letzten Wochen setzte sich also zusammen aus VT 410-413, VT 420, VS 201, VS 220, VS 250 und VB 241.
Teil 1 der Serie zeigt vier Aufnahmen vom 22. Juni und eine vom 19. Oktober 2012. Mit VT 416 war im Juni noch ein RegioShuttle vor Ort. Hier ist er zusammen mit den beiden NE 81 von 1993, VT 412 und VT 413, nahe Schwieberdingen auf dem Weg nach Korntal zu sehen. Gegen Mittag waren meist dreiteilige Garnituren im Einsatz, welche dann nachmittags getrennt wurden. Bis zum Fahrplanwechsel fuhren die Züge morgens und nachmittags über Korntal hinaus bis zum Bahnhof Stuttgart-Feuerbach, hierfür wurden drei Garnituren gebraucht, über Mittag reichten zwei.
VT 412 und VT 413 wurden nach einem Unfall in den Veolia-Farben blau-weiß-gelb lackiert, ebenso trugen zuletzt alle Steuer- und Beiwagen dieses Farbkleid, wenn auch in leicht unterschiedlichen Varianten. Auch der VT 411 zeigte sich so, er hatte die Lackierung schon bei der Nord-Ostsee-Bahn erhalten, welche ebenfalls zum Veolia-Konzern gehört. Ausnahmen waren lediglich VT 410, welcher als einziger die Originallackierung behielt, und VT 420 in der bereits erwähnten Sonderlackierung.
Hier ist VT 410 mit dem von der AVG übernommenen Steuerwagen VS 201 zwischen Münchingen und Schwieberdingen unterwegs nach Hemmingen, …
… und hier die selben Fahrzeuge auf der Rückfahrt, einige hundert Meter weiter in Richtung Münchingen.
Während der Abschnitt von Korntal bis Hemmingen einen Halbstundentakt aufweist, sind Hemmingen hinaus nach Heimerdingen und Weissach nur die Fahrten ins dortige Depot unterwegs – dies ist auch im aktuellen Fahrplan mit den neuen RegioShuttles so. Sobald das neue Depot in Korntal fertiggestellt ist, werden auch diese Fahrten entfallen. Von Korntal bis Hemmingen ist die Strecke mittlerweile modernisiert, dahinter weist sie noch recht maroden Oberbau auf, der nur niedrige Geschwindigkeiten zulässt. Der Abschnitt Hemmingen – Heimerdingen wird nach Fertigstellung der neuen Hallen ebenfalls modernisiert und dann alle halbe Stunde bedient, das Reststück nach Weissach wird allenfalls noch den Museumszügen der GES dienen.
Im Gegensatz zum vorderen Abschnitt ist die Strecke hinter Hemmingen etwas fotogener, da hier noch keine Kabelkanäle für die Signaltechnik verlegt wurden. Der geringe Verkehr machte es jedoch schwierig, einen der Triebwagen hier aufzunehmen. Die meisten Fahrten fanden früh am Morgen oder spät am Abend statt. Eine Leistung bei Tageslicht war der letzte Zug an Samstagen, der 16:20 in Weissach ankam. Dieser ist hier in Form von VT 412 zu sehen, zwischen Heimerdingen und Weissach, kurz vor der Einfahrt in den Wald Bonlanden.
Links
Wikipedia: NE 81. 2012.
Wikipedia: Strohgäubahn. 2012.
Alexanders Privat- und Museumsbahnseiten: WU NE 81. 2012.