– Stadtportrait in zwölf Teilen –
01 Kenzo Tanges Utopia
02 Was das Erdbeben übrig ließ
03 Skopje 2014
04 Post- und Telekommunikationsgebäude
05 Der alte Bahnhof
06 Der neue Bahnhof
07 Мастерком
08 Pac Man
09 Autofriedhof am Ufer des Vardar
10 Stadtbusse
11 Киндер
12 Luna Park
Reste einer untergegangenen Stadt
Nach dem Erdbeben von 1963 waren südlich des Vardar nahezu alle Gebäude zerstört oder beschädigt, so auch der alte Bahnhof, der erst 1940/41 erbaut worden war. Die große Uhr über dem Eingang blieb beim Erdbeben stehen und zeigt so bis heute als Mahnmal dessen genauen Zeitpunkt an. Das Gebäude beherbergt seit 1970 das Stadtmuseum, der neue Bahnhof wurde am östlichen Stadtrand erbaut und die gesamte Eisenbahninfrastruktur wurde umorganisiert. Am alten Bahnhof liegen heute keine Gleise mehr.
Weit weniger betroffen war die osmanische Altstadt nördlich des Vardar. Skopje hatte in der Antike zum oströmischen Reich, später zum bulgarischen Reich gehört. Im Jahr 1392 kam es schließlich für über 500 Jahre unter osmanische Herrschaft, was bis heute zahlreiche Spuren in der Stadt hinterlassen hat. Der türkische Name Skopjes lautet Üsküp. Es lebt bis heute eine kleine türkischstämmige Bevölkerungsgruppe in Skopje, zahlreiche Moscheen haben sich erhalten.
Deren markanteste stellt sicherlich die Mustafa-Pascha-Moschee nahe der Festung Kale dar. Sie wurde 1492 erbaut und in der jüngeren Vergangenheit aufwändig saniert. Das Bauwerk mit dem 47 Meter hohen Minarett wurde im Lauf der Zeit nur wenig verändert und zeigt sich in recht ursprünglichem Zustand.
Die Altstadt war in der osmanischen Zeit ein bedeutender Handelsplatz mit zahlreichen Karawansereien und hört auch auf den Namen Stara Čaršija (Стара Чаршија), was „Alter Markt“ bedeutet, vom türkischen Çarşı = Markt. Vieles ist hiervon erhalten geblieben, doch auch nördlich des Vardar finden sich zahlreiche moderne Gebäude aus der jugoslawischen Ära und der jüngsten Vergangenheit.
Nördlich des inneren Rings steht das markante Gebäude des albanischsprachigen Fernsehsenders Alsat und das Hotel Super 8, dahinter beginnt die Altstadt.
Hoch über der Altstadt erhebt sich die mittelalterliche Festung Kale, die bis in die 50er Jahre zu militärischen Zwecken genutzt wurde und seit dem Erdbeben ein archäologischer Ausgrabungsort ist.
Ein weiteres Wahrzeichen der Stadt ist die Steinbrücke (Камен Мост), die im 14. Jahrhundert von osmanischen Baumeistern erbaut wurde und neben der Festung Kale ebenfalls im Stadtwappen zu sehen ist. Sie verbindet die Altstadt nördlich des Vardar mit dem Ploštad Makedonija, dem großen Platz am Südufer.
Gegenüber der Brücke befindet sich eines der prachtvollsten Gebäude der Südseite, die das Erdbeben überlebt haben, der Ristič-Palast (Ристиќева палата) mit der markanten СКОПСКО-Werbung. Das heute als Bürohaus genutzte Anwesen wurde 1926 von dem Architekten Dragutin Maslać im Auftrag des serbischen Apothekers Vladislav Ristič erbaut und beherbergte damals Büros im Erdgeschoss und die Wohnräume von Rističs Familie in der Stockwerken darüber. Bei den Mazedoniern gehören die Relikte dieser Epoche zu den beliebtesten Gebäude in der Stadt.
Auch in der anschließenden Fußgängerzone Ulica Makedonija (Улица Македонија) lassen sich hier und da Gebäude aus der neoklassizistischen Ära Skopjes finden. Die Stadt gehörte damals zum Königreich der Serben, Kroaten und Slowenen, das sich ab 1929 Königreich Jugoslawien nannte, und bildete das kulturelle und wirtschaftliche Zentrum sowie die Hauptstadt der Banschaft Vardar.
Am Mutter-Theresa-Park, an der Ulica Makedonija gelegen, trifft man auf das ehemalige Kino Kultra, das auf bessere Zeiten wartet. Direkt gegenüber befindet sich ein Vertreter des neuen Skopje in Gestalt der im Januar 2009 eröffneten Gedenkstätte für Mutter Theresa, die eine gebürtige Skopjerin war. Das von dem mazedonischen Architekten Vangel Bozinovski konstruierte Bauwerk wurde vom mazedonischen Ministerium für Kultur und dem Vatikan finanziert und zeigt sich als eine symbolisch aufgeladene Mischung aus mazedonischen, osmanischen und indischen Einflüssen. Nach Urbanek und Mikalkovic sehen einige Architekten darin eine Peinlichkeit für Kenzo Tanges Stadt, auch unter den Bewohnern Skopjes gilt das Gebäude offenbar bei vielen als ugly and grotesque. Dessen ungeachtet ist es das meistbesuchte Museum in ganz Mazedonien.
Welche architektonischen Glanzleistungen gegenwärtig sonst noch in Skopje in Bau sind, wird der dritte Teil der Serie zeigen. Die Aufnahmen entstanden zwischen dem 9. und 14. August 2011.
Literatur:
Mijalkovic, Milan und Urbanek, Katharina: Skopje. The World’s Bastard. Architecture of the divided city. Klagenfurt / Celovec 2011.
SkyscraperCity: Ristic Palace | Skopje,Macedonia. 2009.
Wikipedia: Old Bazaar, Skopje. 2011.
Wikipedia: Ristiḱ Palace. 2011.
Wikipedia: Skopje. 2011.